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Die  Entwicklung der Schroterei
Ein  kritischer Rückblick
Manchmal  gewinnt man den Eindruck, die Philosophie des Schrotens folgt  modischen Entwicklungen. Wissenschaftlich fundierte Untersuchungen  zum Schroten findet man eher selten, darum werden Hypothesen gerne  diskutiert und je nach Ursprung der Hypothese auch zum „Evangelium“  erhoben. So wie Moden in der Ernährung oder der Medizin vom Volk  verlangt werden, so hungern auch Fachleute nach neuen, logisch  klingenden Aussagen, denn bereits Sokrates soll gesagt haben:  Stagnation ist der Anfang vom Ende. Wenn man Kinder nicht mehr mit  Spinat oder Lebertran quälen kann, werden sie eben mit glutenfreien  Vollkornprodukten oder laktosefreien Sojaprodukten aufgezogen. Und  wenn „Schlafwissenschaftler“ niemandem mehr dazu bewegen können  freiwillig auf einem Futon zu schlafen, dann wird ihnen überteuerter  7-Zonen-Polyurethanschaum empfohlen. Scheinbar lechzen alle Menschen  nach irgendeinem Fortschritt und Brauer bilden hier keine Ausnahme.
Geschichte  Schrotmühlen
Der  erste Walzenstuhl wurde vermutlich 1588 von Ramelli gebaut, aber erst  im 19. Jahrhundert setzten sich langsam Walzenstühle in der  Mehlmüllerei durch, wobei neben Stahlgusswalzen auch Walzen aus  Stein oder Porzellan gebräuchlich waren. Ab etwa 1875 stellten  praktisch alle Brauereien zügig auf Walzenstühle um. Die  Entwicklung von brauereispezifischen Schrotmühlen erfolgte sehr  schnell und bereits vor dem Ersten Weltkrieg waren in deutschen  Groß-Brauereien 6-Walzenmühlen der Fa. Seck, Dresden (Abb.1)  üblich. Bei diesen 6-Walzenmühlen wurde nach dem Vorbruchwalzenpaar  in 3 Fraktionen gesiebt, eine fiel direkt in den Schrotkasten, eine  wurde dem Spelzen- und eine dem Grießwalzenpaar zugeführt. Nach  Entwicklung der hydraulisch geregelten Speisung wurden auch die  Walzenpaare und Siebsätze anders angeordnet (Abb. 2). 
1980  ging die erste von Bühler-MIAG, Braunschweig entwickelte Schrotmühle  mit der Typenbezeichnung DBZC mit einer Nennleistung von 4 Tonnen pro  Stunde in Monheim in Betrieb. Diese Mühle verzichtete auf eine  Absiebung zwischen Vorbruch- und Spelzenwalzenpaar, wies aber eine  deutlich größere spezifische Siebfläche auf, als alle sonst auf  dem Markt befindlichen Schrotmühlen. Die Reduzierung des  Walzendurchmessers um 40 Prozent von 250 mm auf 150 mm erscheint  zunächst ein erheblicher Nachteil zu sein. Je kleiner der  Walzendurchmesser ist, desto höher müsste die Drehzahl sein, um  eine identische spezifische Leistung zu erreichen. Körner werden  wegen des ungünstigeren Winkels kleinerer Walzendurchmesser  schlechter eingezogen und tendenziell gäbe es mehr quergebrochene  Körner, die sich schlechter ausmahlen lassen. Durch entsprechende  Riffelungen und einer verringerten Umfangsgeschwindigkeit der Walzen  bzw. einer verringerten spezifischen Leistung, können diese  konstruktionsbedingten Nachteile ausgeglichen werden. So weicht die  spezifische Walzenoberfläche bezogen auf die Nennleistung nur um 15  Prozent von der wenige Jahre zuvor vorgestellten DBZA ab. Wegen der  entsprechend größeren Walzenlänge, ist die spezifische Siebfläche  bei der DBZC sehr groß.
Abb.  1 Schema 6-Walzen-Schrotmühle, Seck, Dresden [Illustriertes  Brauerei-Lexikon, Dr. Max Delbrück, 1910]
  
Abb.  2 Schema 6-Walzen-Schrotmühle [Lehrbuch der Brauerei, Jean De  Clerck, Band 1, 1950]
Abb.  3  Schema 6-Walzen-Schrotmühle, Bühler, Braunschweig [Technologie  Brauer und Mälzer, Wolfgang Kunze, 8. Auflage, 1998]
Wie  beim Boxermotor eliminieren gegenläufig arbeitende Stoß-Siebe (Abb.  3) bei der Schrotmühle von Bühler aus den 1990er-Jahren ungewollte  und störende Schwingungen.
Ingenieurtechnische-“Meisterleistungen“  waren 5- und 4-Walzenmühlen mit drei Mahlpassagen und 3-Walzenmühlen  mit zwei Mahlpassagen. Der Aufwand für Wartung und Justage dieser  Meisterwerke entspricht einer Vacheron Constantin Referenz 57260, die  mit 2.600 Bauteilen und 57 Komplikationen als komplizierteste  tragbare Uhr der Welt gilt.
Auf  den ersten Blick unterscheidet sich die Schrotqualität der  6-Walzenschrotmühlen kaum, d.h. auch mit einer Seck-Mühle von 1906  lässt sich Malz nach heutigen Anforderungen schroten.
Apparatebauer,  die nicht über das erforderliche Knowhow zum Bau von  6-Walzenschrotmühlen verfügten, konstruierten einfache 2- oder  4‑Walzen-Nassschrotmühlen. Durch eine starke Verkürzung der  Weichzeit, wodurch der Mehlkörper weitgehend trocken bleibt, wurde  ein bekannter Nachteil dieser Mühlen beseitigt. Durch eine  Namensänderung und entsprechende Werbemaßnahmen stieg die  Marktakzeptanz.
Bei  allen Walzenstühlen sollte eine Walze lose gelagert sein, damit ein  massiver Fremdkörper die Loswalze auslenkt und dadurch der  Fremdkörper den Mahlspalt ungehindert passiert. Obwohl praktisch  alle Trockenschrotmühlen eine Loswalze aufweisen, ist der Schutz vor  Fremdkörpern leider ein hypothetisches Wunschdenken. Bei der  Geschwindigkeit, mit der ein Fremdkörper den Mahlspalt passiert,  wären die Kräfte zur Beschleunigung der Loswalze gigantisch groß.  Ein Walzenpaar wird aus einer M16 Mutter eher ein kleines Tablett  walzen, als den Mahlspalt zu öffnen, damit die Mutter ungehindert  passieren kann. 
Explosionsschutz
Bereits  vor der Einführung von Walzenstühlen hatte man Kenntnisse über die  Entstehung von Staubexplosionen. Nur in einem relativ kleinen Bereich  der Staubkonzentration können Staubexplosionen auftreten. Da  besonders hohe oder besonders niedrige Konzentrationen sicher sind,  werden diese Zustände angestrebt. Explosionsschutzbleche, die direkt  unterhalb des Mahlspaltes angebracht sind, vermeiden zündfähige  Konzentrationen und wurden bereits in den ersten Mühlen von Seck  installiert. Druckentlastungsöffnungen, auch als  „Explosionsschutzöffnungen“ bezeichnet, werden seit über 100  Jahren konstruktiv vorgesehen. Natürlich schützen sie nicht vor  Explosionen, sondern sie sollen im Falle einer Explosion den Druck  kontrolliert ins Freie oder in energieabsorbierende Körper ableiten.  Diese Druckentlastungen können nur funktionieren, wenn das  Mühlengehäuse druckstoßfest ausgelegt ist. Weder die alten Mühlen  mit Graugussgehäuse, noch vermeintlich modernere Konstruktionen mit  dünnen Stahlblechtüren genügen dieser Anforderung. Erst die  aktuell gebauten Mühlen werden in der Regel druckstoßfest mit  funktionsfähigen Druckentlastungsöffnung ausgeführt.
Läutergeräte
Klassische  Maischefilter und Strainmaster sind in Deutschland kaum noch in  Betrieb. Moderne Maischefilter mit Membrantechnik, die  Pulver-“Schrot“ verlangen, sind nur in wenigen Großbetrieben  anzutreffen und werden hier nicht berücksichtigt. Kontinuierliche  Systeme wie Vakuumdrehfilter oder das "Nessie-System" aus  dem Hause Ziemann Holvrieka sind den meisten Lesern unbekannt. 
Das  weltweit vorherrschende Läutergerät ist seit vielen Jahren ein  Läuterbottich. Auch wenn Läuterbottiche auf den ersten Blick  ähnlich erscheinen, unterscheiden sie sich in zahlreichen  Konstruktionsmerkmalen und der damit verbundenen Leistungsfähigkeit  zum Teil sehr deutlich.
Geschichte  Brauereitechnologie
Die  „Braukunst“ besteht grundsätzlich darin, mit drei Rohstoffen und  den drei Parametern: Temperatur, Druck und Zeit ein berauschendes  Getränk herzustellen. Das Schroten gilt deshalb bei vielen Brauern  als langweiliger Produktionsschritt, da es hier primär um das  mechanische Zerkleinern des Malzes geht und die üblichen  Prozessparameter hier nicht greifen.
Die  Entwicklung des Schrotens wird nachfolgend im Zusammenhang mit der  Entwicklung der Brauereitechnologie betrachtet.
Im  Bereich der gewerbsmäßigen Bierherstellung gab es zwei große  Entwicklungsschritte. Einmal zum Anfang des 20. Jahrhunderts mit  Einführung von 6-Walzenschrotmühlen, Hefereinzuchten, Bierfiltern  und richtigen Flaschenabfüllungen und zum zweiten Mal Mitte/Ende der  1970er Jahre. 
Mitte  der 1970er Jahre, als eine Bierhaltbarkeit von 6 Wochen noch  vollkommen ausreichend war, war die vorherrschende Braugerstensorte  im deutschsprachigen Raum die Sommergerste Carina. Unter ungünstigen  Bedingungen, wie in alpinen Randlagen oder an der Küste wäre sie  auch heute noch – insbesondere auf trockenen lockeren Böden –  konkurrenzfähig. Unter guten Anbaubedingungen liefert sie hingegen  20 Prozent weniger Ertrag als „moderne“ Sorten und ist deshalb  heute aus dem Angebot praktisch verschwunden. 
Der  Läutergrant wurde durch automatisierbare Zentralabläuterungen  ersetzt, geschlossene Jungbierzentrifugen, zylindrokonische Gärtanks  und CO2-Rückgewinnungsanlagen  wurden aufgestellt. Kegs ersetzten die bauchigen Bierfässer.  Speicherprogrammierbare Steuerungen [SPS] sollten zunächst im  Sudhaus die Fehlerquelle Mensch ausschalten. Es schien kaum noch  Grenzen zu geben, aber Flaschenfüller mit einer Leistung von über  100.000 Flaschen pro Stunde oder Würzepfannen für einen Überdruck  von 2,5 bar waren nicht zu Ende gedacht worden. In Nordamerika waren  seit Jahren die Hopfengaben reduziert worden, sodass dort bereits  damals Bitterwerte üblich waren, wie sie heute in Deutschland die  Regel sind.
Dekoktionsmaischverfahren  waren üblich und man bemühte sich möglichst trübungsarm  abzuläutern. Übliche Läuterbottichbelegzeiten von vier Stunden  teilten sich auf in: 5 Minuten Rüstzeit, 15 Minuten Abmaischen, 30  Minuten Läuterruhe, 5 Minuten Trubwürzepumpen, 60 Minuten  Vorderwürze, 15 Minuten erstes Anschwänzen und Trubwürze und 15  Minuten Austrebern, sodass 95 Minuten für das Abläutern der  Nachgüsse zur Verfügung standen. Spezifische Senkbodenbelastungen  waren typischerweise für Trockenschrot 180 kg/m², für  konditioniertes Trockenschrot 220 kg/m² und für Nassschrot 350  kg/m². In Nordamerika betrug die spezifische Senkbodenbelastung  typischerweise 130 kg/m². 
Ein  Pils hatte 30 bis 40 Bittereinheiten, etwa 11,5 °P und sollte  möglichst hell sein und rein schmecken. Geschmackskomponenten aus  den Spelzen waren äußerst unerwünscht. Üblich waren  Malz-Konditionierungen mit Sattdampf, die die Zersplitterung der  Spelzen beim Schroten deutlich reduzierten und das Schüttvolumen der  Spelzen mehr als verdoppelten. Als ein Professor für  Brauereitechnologie öffentlich die Hypothese aufstellte, dass der  Dampf die beta-Glucanasen schädigen könne, waren neue  Dampfkonditionierungen über Nacht unverkäuflich geworden und  vorhandene wurden zügig durch Wasserkonditionierungen ersetzt.  Qualitätsbewusste Pils-Brauer setzten auf die Spelzentrennung, d.h.  die Spelzen (mit den unvermeidbar anhaftenden Mehlkörperanteilen)  wurden erst der Restmaische zugegeben, nachdem die letzte Teilmaische  gezogen worden war. Da die Spelzenfraktion nicht in der Teilmaische  gekocht wurde, sollten die Biere reiner schmecken. Zu dieser Zeit  waren Würzekochzeiten von 90 Minuten üblich und Teilmaischen wurden  mit nennenswerter Verdampfung gekocht, sodass es Brauereien gab, die  Dunstkondensatoren zur Warmwassererzeugung am Kamin der Maischepfanne  installierten.
Lastenheft
Die  Lieferantenanfrage ist das Lastenheft. Da es scheinbar kaum  technologische Anforderungen an die Schroterei gibt, werden entweder  technische Lösungen gefordert oder die Entscheidung zur  einzusetzenden Technik wird dem (Sudhaus-)Lieferanten überlassen.  Neben dem Anschaffungspreis scheinen häufig nur grundsätzliche  Sudhaus-Abnahmekriterien wichtig zu sein.
Bei  der konsequenten Verwendung sorgfältig ausgearbeiteter Lastenhefte  würde es möglicherweise weder Spelzentrennung noch  „Nass-/Weichkonditionierungs“-Schrotmühlen geben, denn einen  technologischen Vorteil wird man bei beiden kaum messen können, aber  beide erhöhen die Kosten. Bei der Spelzentrennung sind dies primär  Investitionskosten und bei den Mühlen, die während des Einmaischens  betrieben werden müssen, ergibt sich eine festgelegte  Leistungsspitze und ein höherer spezifischer Stromverbrauch.
Technische  Entwicklung
Auch  wenn man mit einer 2-Walzenmühle, bei der nur eine Walze angetrieben  wird – bei entsprechender Sachkenntnis – ein  verarbeitungsfähiges Schrot herstellen kann und obwohl sich moderne  Schrotmühlen in hundert Jahren auf den ersten Blick kaum verändert  zu haben scheinen, so sollte die technische Entwicklung nicht zu  gering eingeschätzt werden. Technologisch wurde insbesondere der  Anteil der Mehle reduziert. Schwingungsarm arbeitende Schrotmühlen  mit Walzen aus Schleuderverbundguss mit hochwertiger Riffelung, sehr  großen Siebflächen, in druckstoßfesten Gehäusen werden seit etwa  20 Jahren produziert und entsprechen somit den anerkannten Regeln der  Technik.
Fazit
Seit  Jahren wird versucht die Kosten der Produktion zu reduzieren. Wenn  über 98 Prozent der Laientester einer Stichprobe weder die teurere  Hopfensorte noch eine um 10 Prozent verringerte Hopfengabe schmecken  können, ist es nachvollziehbar, wenn man diese „Einspar“-Potenziale  nutzt.
Auch  ausgebildete Verkoster können am Geschmack nicht feststellen ob eine  2-, 4- oder 6 Walzenschrotmühle im Einsatz war. Geschmacklich lassen  sich nicht einmal eine Nass- oder eine Trockenschrotung  identifizieren. Wenn man hingegen Vergleichssude mit und ohne  Konditionierung oder mit und ohne Spelzentrennung durchführt, werden  Fachleute ebenso einen Unterschied schmecken können, wie wenn man  von Dekoktions- auf Infusionsmaischverfahren umstellt. 
Die  Frage, ob es einen Sinn ergibt aus Kostengründen vermälzte Futtergerste einzusetzen und dann durch  Spelzentrennung den Geschmack zu verfeinern, ist ketzerisch. Wer ein  Dekoktionsverfahren pflegt, das beim Verzicht auf Verdampfung einen  ähnlichen Energiebedarf, wie ein Infusionsverfahren aufweist, der  sollte auch das Recht zur Geschmacksbeeinflussung durch  Spelzentrennung behalten.
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