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  Repetitorium  der Wärmeübertragung
Wer  eine Ingenieursausbildung an einer deutschen Universität absolviert  hat weiß, dass er zur thermodynamischen Berechnung eines  Wärmeübertragers die Reynoldszahl „benötigt“. Falls er es  vergessen hat und entsprechende Unterlagen durchsieht, stößt er  spätestens an dieser Stelle auf einen Widerstand, der sich nicht  durch die üblicherweise zahlreich vorhandenen  Querverweisen in den  Lehrbüchern lösen lässt. 
Dass  die hydraulische Auslegung mindestens so wichtig ist wie die  wärmetechnische, wird häufig vergessen. Der schlechte Ruf der  Hochtemperaturwürzekochung war hauptsächlich in der mangelhaften  hydraulischen Auslegung begründet. Wer identische Anfragen an  mehrere Lieferanten für Wärmeübertrager schickt, wird eine  Bandbreite unterschiedlicher Auslegungsresultate erhalten, da die  Anfrage (das Lastenheft) meistens unvollständig ist und die Bediener  der Auslegungssoftware unterschiedliche Qualifikationen haben.
Einige  Grundlagen
Der  Wärmedurchgangskoeffizient [U-Wert, früher k-Wert] steigt  proportional zur Strömungsgeschwindigkeit an. Da bei der Berechnung  des Druckverlustes die Strömungsgeschwindigkeit zum Quadrat  einfließt, ist der Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit auch eine  wirtschaftliche Grenze gesetzt. Bei einer höheren  Strömungsgeschwindigkeit sinkt demnach der Bedarf an  Wärmeübertragungsfläche und damit auch das Produkt- und  Versorgungsmedien-Volumen. Dadurch sinken Produkt- und  Reinigungsmittelmischphasen/-verluste und die Regelung wird  (tendenziell) einfacher. Selbstverständlich gibt es Produkte in der  Brauerei, die hohe Scherkräfte nicht gut vertragen; dazu gehören  z.B. Maische oder Ausschlagwürze. Die auch heute noch abgedruckten  Daten zur maximal zulässigen Strömungsgeschwindigkeit z.B. von  Filtratbier beruhen aber in der Regel auf historischen Annahmen. Die  Strömungsgeschwindigkeit hat in realen Prozessen nur einen geringen  Einfluss auf die Auswirkungen von zu hohen Scherkräften. Das  Beschleunigen ‑ z.B. in Pumpen oder Stellventilen oder  Verdampfungs- und Kondensationsprozesse z.B. bei Kavitation oder  zügiger Druckreduzierung ‑ hat einen wesentlich größeren  Einfluss, als die meist vernachlässigbare Strömungsgeschwindigkeit.  Der Wirkungsgrad einer Pumpe ist ein erster Indikator für den Grad  der auftretenden Scherkräfte innerhalb der Pumpe.
Lautsprecherboxen  und Wärmeübertrager „haben“ keine Watt. Lautsprecherboxen  vertragen einen bestimmten Strom bevor sie anfangen nach „Ampere“  zu riechen. Die Wärmeübertragungsleistung und die in Prozent  angegebene Rekuperation eines Wärmeübertragers sind von den  Betriebsbedingungen abhängig und eher überflüssige Angaben.
Bei  identischen Wärmeübertragungsflächen und produktseitig identischen  Verhältnissen (Temperaturen, Volumenstrom) ist die produktseitige  Grenzflächentemperatur sehr ähnlich. D.h. wenn ein korrekt  ausgelegter Bündelrohrwärmeübertrager 1000hl/h Würze von 101°C  auf 103° C erwärmt, dann ist die thermische Belastung fast  identisch wenn dieser Wärmeübertrager mit Sattdampf von 110°C oder  mit Heißwasser mit einer Eintrittstemperatur von 130°C und einer  Austrittstemperatur von 129°C betrieben wird.
Viele  Plattenwärmeübertrager weisen Risse oder Plattenbrüche auf. Da in  Wärmeübertragern immer turbulente Strömung herrscht, findet trotz  positivem Druckgefälle ein Austausch der Medien statt. Eine einfache  Sichtprüfung ist ungeeignet, um defekte Platten sicher zu erkennen.
Bei  mehrstufigen Plattenwärmeübertragern wie sie z.B. als  Kurzzeiterhitzer [KZE] eingesetzt werden, ist es nicht möglich alle  Abteilungen des Platten-Apparates thermodynamisch und hydraulisch optimal auszulegen. Das größte Abteil bestimmt in der  Regel die Plattengröße. Ab einer bestimmten Größe ist es  wirtschaftlich sinnvoll statt eines mehrstufigen Plattenapparates  mehrere einzelne Wärmeübertrager zu installieren. Auch wenn für  bestimmte Anwendungen in der Praxis entweder Platten- oder  Röhrenapparate üblich sind, sollte man die eine oder andere  Ausführung nicht grundsätzlich ausschließen.
Berechnungen
In  der Dokumentation eines Wärmeübertragers stehen die  Auslegungsdaten. Mit Hilfe der tatsächlichen Betriebsbedingungen  kann der Wärmedurchgangskoeffizient  (Formel 1) bei den  betrieblichen Bedingungen leicht errechnet werden.  [Tabellenkalkulationsarbeitsblätter zum herunterladen:  http://www.sachverstand-gutachten.de/wissenswertes/wissenswertes_k_wert.html]
Das  Fördervolumen einer Pumpe kann mit Hilfe der Kennlinie, dem  gemessenen Differenzdruck und der zur Verifizierung gemessenen  Leistungsaufnahme auch ohne Volumenstrommessgerät relativ genau  bestimmt werden. Bei der Kennlinie ist zu berücksichtigen, dass  diese in der Regel auf eine bestimmte konstante Drehzahl berechnet  wurde und dass einige Hersteller die Kennlinie innerhalb erlaubter  Toleranzen nach Marketingaspekten schönen. Da selten die  Leistungsaufnahmekurve bei dieser Marketingmaßnahme entsprechend  angepasst wird, wird dies durch die Messung der elektrischen Leistung  erkannt.
Formel  1  Wärmeduchgangskoeffizient

 gekürzt
 gekürzt 
Formel  2  Mittlere logarithmische Temperaturdifferenz

Formel  3  Pasteurisationstemperatur

Beispiel  Würzeerwärmung
Üblicherweise  wird bei 76°C bis 78°C abgeläutert. Wenn Wasser vom  Brüdenkondensator zur Erhitzung der Läuterwürze zur Verfügung  steht, könnte die Würze z.B. (Abb. 1) mit 98°C warmen Wasser  [Eintritt Medium I] von 77°C [Eintritt Medium II] auf 95°C  [Austritt Medium II] erwärmt werden. Das Wasser kühlt sich dabei  auf z.B. 80°C [Austritt Medium I] ab. D.h. die mittlere  Temperaturdifferenz beträgt 3K. Es wird angenommen, dass bei einem  Volumenstrom von 53hl/h genau 100kW übertragen werden und die  Wärmeübertragungsfläche genau 10m² beträgt. Wenn man nun nicht  Würze von 77°C auf 95°C sondern von 72°C auf 96,2°C erwärmen  würde, betrüge die Leistung nicht 100kW sondern 134kW. Wenn man die  Wassertemperaturen mit 98°C und 80°C unverändert ließe, stiege  die mittl. logarithmische Temperaturdifferenz (Formel 2) auf 4,16K an  und bei unveränderter Fläche könnte der Einsatz von Wärme aus der  Rekuperation um etwa ein Drittel erhöht werden. D.h. der  Wärmeübertrager „hätte“ ohne bauliche Veränderung bei  identischer Fläche nun 134kW statt 100kW.
Auch  wenn in Lehrbüchern geschrieben steht, man solle bei möglichst  hohen Temperaturen abläutern, erschließt sich dem aufgeschlossenen  Betrachter der Grund hierfür nicht. Bei den im Läuterbottich  herrschenden Strömungsgeschwindigkeit ist der Einfluss der  Viskositätsänderung von 77°C auf 72°C weder mess- noch seriös  errechenbar. Für die Nachverzuckerung spricht: nicht die 77°C  sondern die 72°C zu wählen.
Beispiel  einstufiger Würzekühler ./. zweistufiger Würzekühler
 Abb.  1  Schema einstufiger Wärmeübertrager
Abb.  1  Schema einstufiger Wärmeübertrager

Abb.  2  Teflonband – gekühlte Würze
Beim  einstufigen Würzekühlern wird das Brauwasser meist in einem  Eisspeicher mit Niedertarifstrom gefroren (als Eis gespeichert) und  dann bei Bedarf aufgetaut. Je nach Dicke der Eisschicht sind  Verdampfungstemperaturen von mindestens -4°C nötig, aber  Temperaturen um -7°C gebräuchlich. Das aufgetaute Brauwasser wird  dann beim Würzekühlen zu warmem Brauwasser. Im Würzekühlereintritt  sind Temperaturen um 1°C üblich und das Brauwasser wird auf 80°C  bis 85°C erwärmt. Da seit Jahren auch Großbrauereien mit hoher  Sudfolge einstufige Würzekühler betreiben, gibt es teilweise  erhebliche Abweichungen von der „Norm“ im Bereich der  Brauwasserkühlung. Der Investitions- und Platzbedarf eines großen  Eisspeichers ist bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung neben  den Betriebskosten zu berücksichtigen. Die üblichen Eisspeicher  genügen heutigen Hygieneerwartungen nicht. Da man aber auch nicht  das letzte Weichwasser in der Mälzerei freiwillig trinken würde,  wird immer wieder die Frage gestellt, ob eine Sudhausinstallation  hygienisch sein muss? Häufig werden frühestens am Auslauf des  Würzekühlers hygienische Grundlagen beachtet. (Abb. 2)
Nachfolgend  werden die Schnittstellen direkt am Wärmeübertrager betrachtet.  Wenn man von einer Brauwassertemperatur von 15°C ausgeht, dann wurde  dieses 15°C warme Wasser mit Kältemaschinen auf 1°C gekühlt,  bevor es im einstufigen Würzekühler zum Einsatz kommt. Wenn das  Wasser von 1°C auf 85°C erwärmt und die Würze von 98°C auf 8°C  gekühlt wird, ergibt sich, dass [ΔT=84K; 84K=100%; 14K=x%] 16,67%  der abzuführender Wärme über die Kältemaschine abgeführt werden.  Bei diesem Beispiel ergibt sich eine mittlere logarithmische  Temperaturdifferenz von 9,69K. Beim einstufigen Würzekühler  bestimmt die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz wie viel die  Kältemaschinen leisten müssen. Wenn die Wassereintrittstemperatur  5°C und die Wasseraustrittstemperatur 95°C wären, dann müsste die  Kältemaschine nur 11,11% der Leistung übernehmen, da die  Temperaturdifferenz nun aber 3K statt 9,69K beträgt, wäre der  Wärmeübertrager mehr als 3-mal so groß. Eine solche Auslegung wäre  zwar möglich aber unrealistisch.
Beim  zweistufigen Wärmeübertrager entscheidet über die Leistung, die  die Kältemaschine aufbringen muss, nur die Differenz der  Würzeübergabetemperatur (zwischen den beiden Abteilen) zur  Temperatur des kalten Brauwassers am Eintritt. Wenn im obigen  Beispiel die Würzeübergabetemperatur 3K über der  Wassereintrittstemperatur liegt, ergibt sich eine  Würzeübergabetemperatur von 18°C, d.h. die Würze wird mit 15°C  Wasser von 98°C auf 18°C gekühlt und von 18°C auf 8°C mit Hilfe  der Kältemaschine. D.h. 11,11% der Gesamtleistung muss die  Kältemaschine übernehmen. Das Kühlabteil kann natürlich auch mit  Eiswasser wie beim einstufigen Würzekühler betrieben werden, es  wird jedoch nicht zu warmen Brauwasser, sondern wird zurück in den  Eisspeicher geführt. Statt Eiswasser können natürlich auch ein  Glycol-Wassergemisch oder eine Kältemitteldirektverdampfung  eingesetzt werden. Bei einer Gesamtbetrachtung hat selbstverständlich  die Kältemitteldirektverdampfung mit deutlichem Abstand den  geringsten Energiebedarf.
Wenn  bei den vorgenannten Würzekühlern nun das Wasser nicht auf 85°C  sondern nur auf 80°C erwärmt wird, wie es in sehr viel Brauereien  üblich ist, dann steigt beim 2-stufigen Würzekühler die mittl.  logarithmische Temperaturdifferenz der Vorkühlabteilung von 6,82K  auf 8,37K an. Der Flächenbedarf verringert sich proportional, aber  weiterhin werden nur 11,11% der abzuführenden Wärme von der  Kältemaschine übernommen, da die Differenz Wassereintritt und  Würzeübergabetemperatur unverändert bleiben.
Beim  einstufigen Würzekühler hingegen steigt die mittl. logarithmische  Temperaturdifferenz auf 11,65K an und die Kältemaschine muss statt  der 16,67% nun 17,72% der Last übernehmen.
Erfahrungen
Die  Betriebsbedingungen eines Würzekühlers zu beschreiben ist einfach,  da Sudgröße und -folge und die Reinigungsprozedur bekannt sind.  Mischphasen sind relativ unproblematisch, da sie im Rezept  berücksichtigt sind und weitgehend in den Gärtank gelangen.
Bei  Kurzzeiterhitzern sieht es hingegen anders aus. Wenn eine  Rekuperation mit einer mittleren Temperaturdifferenz von 3K betrieben  wird, wird hierfür etwa die doppelte Fläche benötigt wie bei 6K.  Dass bedeutet auch, dass Mischphasen und Ausschubmengen sich  proportional ändern. Der höhere Wärmerückgewinn rechnet sich  deshalb erst nach entsprechend größeren Produktionschargen oder bei  billigeren Produkten. Das heißt die Temperaturdifferenz (oder der  prozentuale Wärmerückgewinn in Verbindung mit Heißhaltezeit und  Temperaturprofilen) sollte nach dem zu erwartenden Betrieb nach  wirtschaftlichen Bedingungen errechnet werden.
Die  Entwicklung hin zu höheren Pasteurisationstemperaturen bei  reduzierten oder eliminierten Heißhaltezeiten bei konstanter  Temperatur verläuft schleppend, da die Steuerung sich grundlegend  ändern müsste. Bei vorgegebenen Pasteurisationseinheiten kann die  Pasteurisationstemperatur durch umstellen der üblichen Formel  errechnet werden (Formel 3). Da gegenwärtig die Berechnung am  Eintritt des Heißhalters beginnt, ist zu berücksichtigen, dass die  tatsächlichen Pasteurisationseinheiten höher sind.
Wenn  in eine Bier-KZE der herrschende Druck immer oberhalb des  CO2‑Sättigungsdruck liegen muss, kann man den  notwendigen Druck mit Hilfe eines Druckhalteventils am Austritt des  Kühlabteils einstellen oder den Druckverlust des Kühlabteils  entsprechend hoch wählen oder eine Kombination von beidem wählen.
Mehrere  Wärmeübertrager auf ein Gestell zu bauen ist immer ein Kompromiss,  der im direkten Verhältnis zur Größe des Wärmeübertragers steht.
Der  Sekundärkreislauf des Platten-Erhitzerabteils einer KZE wäre nicht  erforderlich, würde man den Erhitzer als eigenen Wärmeübertrager  optimal auslegen.
Fazit
Obwohl  die Zusammenhänge sehr simpel sind, werden Entscheidung regelmäßig  nicht auf Grundlage von Fakten getroffen. Kaum eine Brauerei kann  z.B. begründen, warum sie einen ein- oder einen zweistufigen  Würzekühler betreibt. Die Macht der Anlagenlieferanten wird meist  unterschätzt. Vieles wird so ausgeführt weil angeblich es alle so  machen oder der Anlagenlieferant es mit Hilfe von  Computersimulationen und „tausendjähriger“ Erfahrung genauso  optimal ausgelegt hat. Wenn ein Anlagenlieferant als Antwort auf eine  qualifizierte Frage zur Auslegung behauptet, dass etwas in der Praxis  anders ist als in der Theorie, könnte man an seinem Sachverstand  zweifeln.
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