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Raimund Kalinowski

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Die zukunft ist elektrisch!

Gedanken zur Nutzbarkeit bestehender Technik für den klimafreundlichen Betrieb einer Brauerei

Es bestehen keinerlei Zweifel daran, dass die Zukunft „elektrisch“ sein wird. Die Frage ist nur: WANN? Spätestens wenn die Kernfusion Strom praktisch unbegrenzt, zum niedrigen Arbeitspreis und CO2-emmissionsfrei liefern wird, macht es kaum noch Sinn organische Brennstoffe zu verfeuern. Beim derzeitigen politischen Focus wird ein Realist nicht damit rechnen, dass der Kernfusion noch in diesem Jahrhundert der Durchbruch gelingen wird. Das schöne an der Zukunft ist jedoch, dass sie nicht vorhersehbar ist. Unabhängig von der Wirtschaftlichkeit soll hier ein gedanklicher Versuch gewagt werden, mit der heute zur Verfügung stehenden Technik einen Betrieb vollständig mit elektrischem Strom CO2-emissionsfrei zu betreiben. Auch wenn die Wirtschaftlichkeit weitgehendst ausgeblendet wird, so soll die Vernunft zwar gedimmt, aber trotzdem eingeschaltet bleiben.

Natürlich wäre es möglich ‑ nach dem Vorbild der Deutschen Bahn ‑ einfach Emissionszertifikate zu kaufen und die Emissionsfreiheit zu errechnen und wenn Wärme gebraucht wird, diese einfach ‑ wie bereits seit über 20 Jahren (mit KKW-Strom) in einer Großbrauerei außerhalb der EU praktiziert ‑ durch elektrische Widerstände zu erzeugen. Aber auch jemand der die derzeitige allgemeinen Begeisterung für den Weg aus dem Klimawandel teilt, wird davon ausgehen, dass Emissionszertifikate und elektrische Widerstände keine dauerhaft akzeptable Lösung darstellen können. Auch die vom Prinzip her vergleichbaren Ablassbriefe wurden nach weniger als 100 Jahren von Pius V wieder abgeschafft.

Lösungsansätze?

Vor über 30 Jahren wurden (staatlich subventionierte) Blockheizkraftwerke [BHKW] mit Flaschenwaschmaschinen gekoppelt oder Vakuum-Sonnenkollektoren installiert, um die Flaschenreinigung mit Sonnenwärme zu versorgen. Die erzielbaren Betriebsstunden und installierten Leistungen reichten jedoch nicht aus, um wirtschaftlich und umweltpolitisch sinnvolle Ergebnisse zu erzielen.

Kraftwärmekopplungen [KWK] werden mit organischem Brennstoff wie z.B. Erdgas oder Holzpellets angetrieben. Natürlich könnte man eine anaerobe Kläranlage „Biogas“ erzeugen und dies dazu nutzen über ein BHKW z.B. die Waschmaschine zu beheizen; die betriebseigenen Abwässer reichten aber nicht aus, um hierfür genügend „Biogas“ zu erzeugen. 100kW konstante elektrische Leistung aus dem Abwasser einer Brauerei mit einer Million Hektoliter p.a. zu produzieren, wären ein sehr hoch gestecktes Ziel, das nur erreichbar wäre, wenn man das Abwasser z.B. durch Gelägerhefe und Treber „aufwertete“.

Mit überschüssigem „Ökostrom“ Wasserstoff zu erzeugen, um dann mit dem Wasserstoff als Brennstoff eine KWK zu betreiben, ist weniger sinnvoll, als den elektrischen Strom direkt auch zum Heizen zu verwenden. Wasserstoff zu speichern ist mit heutiger Technik unverhältnismäßig teuer. Gelagerten Wasserstoff in einer Brennstoffzelle zu verwerten ist zwar technisch reizvoll, aber extrem teuer. Deshalb wird man üblicherweise erzeugten Wasserstoff als Erdgassubstitut in das Erdgasnetz einspeisen und damit die Möglichkeiten des Wasserstoffs abwertend begrenzen. Die direkte Erzeugung von Wärme aus überschüssigem Strom wird politisch derzeit nicht verfolgt und steht deshalb auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht zur Verfügung, sodass der aufwändige Umweg über Wasserstoff dem Zeitgeist entspricht.

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Abb. 1 Sehr vereinfachtes Schema zur Nutzung von Propan als universelles Arbeitsgas

Biomasse zur Energieerzeugung einzusetzen ist nur CO2-neutral, wenn die gesamte Erzeugungskette entsprechend aufgebaut ist, d.h. vom Holzvollernter oder Mais-Ernter bis zum LKW, der den Brennstoff zur Verwendungsstelle bringt, dürften nur vollständig „ökologisch“ erzeugte Brennstoffe eingesetzt werden.

Regelmäßig wird die Meinung vertreten Brauereien hätten zu wenig nutzbares CO2 und zu viel Warmwasser. Wirtschaftlich ist es sinnvoll CO2 nur zu verflüssigen, wenn die Konzentration hoch genug ist, nachdem CO2 als Inertgas gedient hat und nicht mehr die erforderliche Konzentration aufweist, entweicht es so wie zum Anfang der Gärung in die Atmosphäre.

Wenn kein Dampfkessel zur Verfügung stünde und Energie nur zu extrem hohen Preisen eingekauft werden könnte, würde die Rekuperation und Nutzung von Wärme optimiert werden und es gäbe keinen Warmwasserüberschuss. Stickstoff aus Lufttrennungsanlagen könnte in vielen Bereichen CO2 ersetzen; Stickstoff darf ohne Klimaeinfluss nach der Nutzung als Schutzgas einfach in die Umgebung entweichen.

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Elektrisch betriebene Wärmepumpen werden in Brauereien und Mälzereien seit 40 Jahren eingesetzt. Je kleiner die Temperaturdifferenz zwischen Verdampfungs- und Kondensationstemperatur ist, desto höher ist der Wirkungsgrad. Früher bezeichnete man den Wirkungsgrad als Leistungszahl [Lz], dies ist das Verhältnis von eingesetzter elektrischer Arbeit zu nutzbarer thermischer Arbeit. Die Leistungszahl [Lz] wird heute häufig englisch als COP [Coefficient of Performance] bezeichnet.

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Abb.2 Lastwagen wirtschaftlich durch staatliche Subventionen

Die mechanische Brüdenkompression mit einer Lz von über 30 ist eine hoch-effiziente Wärmepumpe, falls sie entsprechend ausgelegt und betrieben wird. Die Tendenz die Würzeverdampfung stetig zu reduzieren oder Brüdenkompressionsanlagen mit hohem Druck und hohen Temperaturdifferenzen zu betreiben haben dazu geführt, dass die Brüdenkompression von vielen als historisch und deshalb abgeschrieben gilt.

Man bedenke, dass der elektromotorisch betriebene PKW bis etwa 1910 dem Verbrennungsmotor technisch überlegen war und ihm nun eine glänzende Zukunft vorausgesagt wird. Vor dem 1. Weltkrieg stellte man fest, dass motorbetriebene Lastkraftwagen ‑ insbesondere durch staatliche Subventionen ‑ wirtschaftlicher waren, als Pferdefuhrwerke. Wie steht es heute ‑ auch unter Berücksichtigung staatlicher Lenkungsmaßnahmen ‑ mit der Wirtschaftlichkeit von Pferdefuhrwerken im Vergleich zum batterieelektrischen Kraftwagen?

Utopischer Lösungsansatz?

Wer versucht verbal-denkend Komplett-Lösungen zu finden, wird üblicherweise aus vielen bunten Bauklötzchen sein persönliches Traumhaus errichten, wobei das Ergebnis den außenstehenden Betrachter selten überzeugt. Nachfolgend soll versucht werden freidenkend einen Lösungsansatz zu entwickeln, der heute möglicherweise noch utopisch klingt, aber mit heute verfügbarer Technik möglich ist.

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Abb. 3 Pferdewagen sind einfach im Aufbau

Nachfolgend soll nur ein einziger (etwas verzweigter) Gedanke beleuchtet werden: Bei der alkoholischen Gärung entsteht CO2, das als klimaschädlich eingestuft ist. Auch wenn es aus der Gerste stammt und damit als klimaneutral erzeugt gilt, so unterscheidet es sich nicht vom CO2, das aus der Verbrennung von z.B. Erdgas entsteht. Ein großes Problem bei der „alternativen“ Erzeugung von elektrischem Strom besteht darin, dass Erzeugung und Verbrauch zeitlich nicht deckungsgleich sind und somit elektrischer Strom (nicht nur für die Elektromobilität) gespeichert werden muss. Stromspeicher und zeitlich flexibler Verbrauch werden stärker subventioniert werden müssen, damit die „Energiewende“ nicht zu früh stecken bleibt. Gegenwärtig wird der Strompreis primär vom Leistungspreis, von (Durch-)Leitungskosten und von staatlich verordneten Steuern und Abgaben bestimmt. Viele umwelttechnisch eigentlich sinnvolle Maßnahmen sind deshalb unwirtschaftlich. Es wird diskutiert „überschüssigen“ elektrischen Strom zur Erzeugung von Wasserstoff aus Wasser zu nutzen. Die Technik aus Wasserstoff und CO2 Kohlenwasserstoffe von Methan bis hin zu Kerosin (Diesel) herzustellen, ist heute bereits technisch verfügbar. Hierfür CO2 aus der Atmosphäre zu verwenden ist sehr aufwändig, da die CO2-Konzentration nur etwa 0,06 % (gew.) beträgt. Einfacher wäre es, das CO2 hochkonzentriert aus Rauchgasen oder aus der alkoholischen Gärung zu verwenden.

Arbeitsgas Propan

Obwohl Ammoniak als Kältemittel in der Brauerei nahezu ideal ist, werden regelmäßig Alternativen diskutiert. Propan könnte grundsätzlich eine Alternative sein. Über thermodynamische Eigenschaften und Wirtschaftlichkeit zu streiten erübrigt sich, da die Wirtschaftlichkeit seit der beschlossenen „Energiewende“ anders berechnet wird. Rein rechnerisch könnte man aus 3kg CO2 ziemlich genau 1kg Propan herstellen. Je 1.000hl Ausstoß erhielte man etwa 1.200 kg Propan mit einem Heizwert von ca. 15.000 kWh (entsprechend etwa 1.350 l Diesel). Propan lässt sich wesentlich einfacher und billiger lagern als Wasserstoff. Ottomotoren lassen sich problemlos mit Propan betreiben. Neben der Kälteanlage könnten auch Wärmepumpen mit Propan als Arbeitsgas betrieben werden. Kraftwärmekopplungen [KWK], Flurförderzeuge, PKW und LKW können Propan als Treibstoff verwenden.

Heizungsanlagenbauer liefern bereits (für Eigenheime) elektrisch betriebene Wärmepumpen, die Propan als Arbeitsgas nutzen. Bei Temperaturdifferenzen zwischen Verdampfungs- und Kondensationstemperatur von unter 30K werden COPs von 5 in Aussicht gestellt. Sollte die Temperaturdifferenz auf 80K ansteigen, sinkt der COP laut Hersteller auf unter 2. Ein COP von 2 wird umweltpolitisch als sinnvoll erachtet. Wirtschaftlich wäre ein solcher Betrieb nur, wenn Strom im Verhältnis zur thermischen Energie entsprechend billig wäre.

Speicherung bei Strom-Stau

Bezogen auf die Nutzung von Ökostrom herrscht entweder Mangel oder Abnahmestau. Wenn die konventionellen Kraftwerke auf die Minimalleistung geregelt wurden und der „Ökostrom“ trotzdem nicht mehr vollständig abgenommen werden kann, müsste er gespeichert werden, um z.B. Windkraftanlagen nicht abschalten zu müssen. Wenn hingegen die konventionellen Kraftwerke nicht mit minimaler Leistung betrieben werden, könnte das Netz mehr „Ökostrom“ aufnehmen.

Wenn „Ökostrom“-Abnahmestau herrscht, würde nun durch den überschüssigen Strom, Wasser und CO2 der „Ökostrom“ in Form von Propan gespeichert. Wenn hingegen der „Ökostrom“ vollständig abgenommen wird und im Netz Ökostrommangel herrscht und in der Brauerei ein Kältebedarf herrscht, würde Propan zur Kühlung verdampft und danach in einer KWK genutzt. Sollte die erzeugte Wärme nicht direkt sinnvoll nutzbar sein, könnte sie rein gedanklich über eine Absorptionskälteanlage in Kühlleistung verwandelt werden, in einem realistischen Szenario wird dieser Fall jedoch nicht vorkommen. Grundsätzlich könnte das CO2 im Abgas der KWK erneut zur Produktion von Propan verwendet werden. Da die Abgase von Fahrzeugen nicht wiederverwendet werden können, wird hierüber CO2 dem System entnommen.

Statt Propan könnte natürlich auch Erdgas (Methan) hergestellt werden. Erdgas eignet sich aber weniger gut zum Arbeitsgas in Kälteanlagen und Wärmepumpen. Gegenwärtig gibt es keine gesetzlich zulässigen Erdgas-Umbausätze für Ottomotoren. Die Lagerung von Methan ist aufwändiger.

Ausblick

Zwischen dem Zünden der ersten Atombombe und der ersten kommerziellen Nutzung in einem Kernkraftwerk [KKW] vergingen nur etwa 11 Jahre, bereits 4 Jahre bevor das erste KKW ans Netz ging, wurde die erste Kernfusionsbombe gezündet, aber es ist sehr ungewiss, wann das erste kommerzielle Kernfusionskraftwerk an das Stromnetz angeschlossen werden wird. Für hoch-radioaktiven Abfall erwartet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, dass dieser für 1 Million Jahre sicher gelagert werden muss; man erwartet in diesem Zeitraum keine Erfindungen, die eine so lange Lagerung überflüssig machen.

Heutige Batterien zur Stromspeicherung altern überdurchschnittlich stark, wenn die volle Kapazität tatsächlich genutzt wird sowie bei der vollständigen Ladung mit hohen Ladeströmen. Die Ladezeiten und die wirtschaftlich sinnvoll nutzbaren Kapazitäten sowie die Umweltbelastung bei der Produktion und beim erwarteten Recycling der Stromspeicher werden von der Politik ausgeblendet. Politiker erwarten jedoch den baldigen Durchbruch eines noch zu (er)findenden „Wünsch-dir-was“-Stromspeichers; dies erinnert an die Parabel: „Man träumt von hocheffizienten LED zur Beleuchtung und versucht diese durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Petroleumlampe zu erreichen“.

Es ist nicht seriös zukünftige Erfindungen vorauszusagen, aber es ist erlaubt zu träumen, falls man nicht versucht Träume anderen als Realität aufzuzwingen.

Möglicherweise ist es jedoch sinnvoller vorhandene Technik unter den heutigen technischen und politischen Rahmenbedingungen zu betrachten und neu zu bewerten? Vor dem Diesel-Lastkraftwagen gab es dampfbetriebene und solche mit elektromotorischen Antrieb, davor nutzte die Brauerei Pferde als Zugtiere, um ihr Bier auszuliefern. Falls batterieelektrische Fahrzeuge sinnvoll sind, dann könnten auch Pferdefuhrwerke eine betriebswirtschaftliche Prüfung bestehen?

Ob die hier aufgezeigte ‑ heute bereits technisch machbare ‑ Lösung, aus elektrischem Strom und Gärungskohlensäure der Klimaerwärmung entgegenzuwirken (betriebs-)wirtschaftlich sinnvoll ist, wird vielleicht die Zukunft zeigen?

Wenn der Gedanke, aus CO2 und „sonst nicht erzeugtem Ökostrom“ das universell einsetzbare Arbeitsgas Propan zu erzeugen weiter verfolgt wird, müssen alle Abteilungen einer Brauerei überprüft und entsprechend optimiert werden. Neben der Rekuperation von Wärme und dem Einsatz von Wärmepumpen müssten auch veränderte Arbeitsweisen z.B. im Bereich CIP betrachtet werden.

Dampflastwagen

Abb. 4 Dampflastwagen haben einen miserablen Wirkungsgrad, sie können aber jeden beliebigen Ökotreibstoff nutzen

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