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Raimund Kalinowski

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Große Verbraucher bieten großes und
kleine Verbraucher bieten kleines (Einspar-)Potenzial

Gewohnte Prozesse auf dem Prüfstand

Die deutsche Regierung hat entschieden jedes denkbare Mittel einzusetzen, damit Deutschland an der Veränderung des Weltklimas zukünftig keinen direkten Anteil mehr hat. Dadurch wird sich die in Deutschland verwendete Energie deutlich verteuern. Subventionen und Strafzahlungen werden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zukünftig sehr deutlich beeinflussen. Nach den gegenwärtigen Bundestagswahl-Umfrageergebnissen wird die kommende Bundesregierung diesen Kurs vermutlich noch forcieren. Die Kosten für intelligente“ Verbraucherschaltungen werden i.d.R. nur beim Arbeitspreis und dadurch nachrangig berücksichtigt; dies wird sich jedoch möglicherweise ändern, d.h. Leistungspreis und Netzentgelte könnten unberücksichtigt bleiben, während ein „Ökostrom-Stau“ herrscht. Auf zukünftige Entwicklungen vorbereitet zu sein, kann nicht schaden. Wenn es Maßnahmen gibt, die bereits jetzt sinnvoll sind, sollte deren Umsetzung näher betrachtet werden.

Gewohnte Prozesse

Bei der Einführung der wiederbefüllbaren PET-Flasche (vor 30 Jahren) war man gezwungen die Behandlungstemperatur in der Flaschenwaschmaschine auf 60°C zu begrenzen und man stellte wenig überraschend fest, dass auch Glasflaschen keine höheren Temperaturen benötigen, um sauber zu werden. Warum werden Tanks regelmäßig kalt und Rohrleitungen heiß gereinigt? Reinigungskonzepte kommen nur sehr selten auf einen wissenschaftlich fundierten Prüfstand. Moderne Haushaltswaschmaschinen verlängern die Behandlungszeit und reduzieren sowohl die Temperatur als auch die Wassermenge bei unveränderter Waschmittelkonzentration, bis hin zu einem Punkt, wo die Wäsche nicht mehr sauber wird und die Maschine verkeimt, nur um ein weiteres „+“ hinter dem „A“ in der Energieeffizienz ausweisen zu dürfen. Der Verschleiß von Wäsche und Maschine bleiben bei der EU-Einstufung unberücksichtigt. Wäre bei der Flaschen-, Behälterreinigung und der CIP der Lösungsansatz nicht trotzdem sinnvoll, die Parameter: Zeit, Chemikalienkonzentration und -art sowie die Temperatur zu überdenken?

Berechnungen zur wirtschaftlichen Wärmedämmung, zum Wirkungsgrad von elektrischen Antrieben, Anschaffung und Betrieb von Wärmepumpen und Kältemaschinen oder der Einsatz von Kraftwärmekopplungen werden meistens mit den Verkäufern dieser Artikel oder mit Beratern deren Empfehlung vorhersehbar ist, durchgeführt.

Die Gestaltung von Mehrwegflaschen wird in der Regel nicht (primär) nach ökologischen oder ökonomischen Gesichtspunkten entschieden. Die Parolen von Umweltaktivisten sind häufig durch Unkenntnis gekennzeichnet, aber sie beeinflussen öffentlichkeitswirksame Entscheidungen.

Bei der Anschaffung eines Flaschenfüllers wird die Abfülltemperatur festgelegt. Es gibt Betriebe, die hochkarbonisierte Getränke bei 27°C abfüllen, mit entsprechend hohem Vorspanndruck und extrem langer Druckentlastungszeit, andere füllen mit kleinen Füllern und niedrigem Gegendruck bei Temperaturen um 0°C und kämpfen gegen die Folgen der Kondenswasserbildung. Fast jeder hat dazu eine Meinung, aber ist sie wirklich durchdacht und belastbar?

Meinung korrigieren?

Ein „Consultant“ formulierte einmal: „Manche Ideen sind, wie wenn man sich in die Hose pinkelt, erst ist es angenehm warm, dann wird es kalt und irgendwann fängt es an zu stinken“. Viele Ideen werden ohne Rücksicht auf Verluste bis zum bitteren Ende verfolgt, obwohl man frühzeitig Zweifel bekam und durchaus den Fehler hätte erkennen und den Weg korrigieren oder beenden können. Wenn gegenwärtig kein besserer Weg erkennbar ist, könnte man auch zunächst (nach)denkend abwarten, statt mit zwanghaftem Aktionismus einen unsinnigen Plan umzusetzen, wobei das untätige warten auf eine göttliche Eingebung ähnlich zielführend ist.

Mitte der 1990-er Jahre wurde mit EU-Förderung in Irland eine genial erscheinende Idee umgesetzt. Die Effizienz der Drucklufterzeugung ist u.a. abhängig von der Temperatur und vom Feuchtegehalt der Ansaugluft. Druckluft am Ausgang des Kompressors ist deutlich wärmer als die Ansaugluft, Temperaturen von >80°C treten dort regelmäßig auf. Druckluft wird häufig mit Hilfe von Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt von Wasser (=Drucktaupunkt nahe 0°C) getrocknet. Die warme Druckluft muss im Kältetrockner entsprechend weit abgekühlt werden und ein Großteil der Energie wird aufgewendet, um die warme Druckluft erst einmal bis auf die Ansauglufttemperatur abzukühlen. Die nun im Pilotprojekt realisierte Lösung kühlte nicht die komprimierte Luft, sondern die Ansaugluft. Dadurch saugt der Kompressor immer kalte trockene Luft mit nahezu konstanten Stoffdaten an. Durch die niedrige Temperatur der Ansaugluft wird die Luft schwerer und der Kompressor erzeugt eine größere und konstante Druckluftmenge. Da das Wasser aus der Ansaugluft bereits entfernt wurde, muss es nicht mehr komprimiert und erwärmt werden. Es wurde erwartet, dass die Temperaturdifferenz im Kältetrockner vor dem Kompressor deutlich geringer ausfällt, als wenn hinter dem Kompressor ein Kältetrockner installiert ist, da die angesaugte Umgebungsluft kälter ist, als die frisch komprimierte Druckluft.

Natürlich wurde im „Subventionsverfahren“ vergessen, dass nahezu alle Kompressoren einen Luftkühler integriert haben und die Druckluft eher mit einer Temperatur von 30°C zum Kältetrockner gelangt. Kältetrockner weisen in der Regel eine Rekuperation auf, auch damit die Umgebungsluft nicht im Betrieb außen auf den Druckluftleitungen kondensiert.

Trotz dieser „Vereinfachung“ klingt diese Idee genial, warum hat sie sich dann aber nicht durchgesetzt? Bei 1.000 hPa und 20°C enthält ein Kilogramm Luft bei Sättigung 14,9g Wasser und entspricht 0,862m³. Wenn z.B. 20-grädige Luft mit 68% relativer Feuchte angesaugt wird, enthält 1m³ Ansaugluft 11,77g Wasser. Bei einem Betriebsüberdruck von 10 bar und einer Drucklufttemperatur von 30°C fallen hiervon 9g/m³ als Kondensat aus. Wenn mit einem Kältetrockner ein Drucktaupunkt von 1,5°C erreicht wird, enthält die Druckluft noch 0,5g Wasser pro (Norm-)Kubikmeter Luft. Man müsste die Ansaugluft von 20°C (mit 68% rel. Feuchte) auf unter minus 30°C abkühlen, um den Wassergehalt auf 0,5g/m³ (entsprechend dem Drucktaupunkt von 1,5°C) zu reduzieren.

Nun könnte man vermuten, dass die Grundidee nach dieser Erkenntnis verworfen wurde. Natürlich wurden das Problem analysiert und es wurden alternative Lösungen erwogen und diskutiert, aber die EU-Fördergelder waren natürlich an die Umsetzung des bewilligten Antrags gebunden. Die Anlage wurde deshalb trotz der erkannten Widrigkeiten gebaut wie beantragt. Bereits nach sehr kurzer Betriebszeit bildete sich auf dem Verdampfer Reif und lies die erforderliche Verdampfungstemperatur weiter absinken, sodass ein zweiter Verdampfer installiert wurde, damit einer abtauen konnte, während der andere Reif ansetzte. Die anderen Probleme sollen hier nicht weiter erörtert werden, denn wenn ein Gaul tot ist, reicht eine einfache Kadaverschau aus, eine Obduktion bringt das Ross definitiv nicht zurück ins Leben. Aber sollte man deshalb das Einsparpotenzial im Bereich der Druckluftversorgung nicht trotzdem näher betrachten?

Druckluft

Saab baute lange Zeit in seine Autos z.B. für die Heizungs- und Lüftungssteuerung pneumatische Aktuatoren ein. Auch in einigen Industriezweigen waren pneumatische Steuerungen verbreitet. Die pneumatisch betriebene Steuerung war robuster, zuverlässiger, wartungsfrei und insgesamt auch wirtschaftlicher, als die Betätigung mit Seilzügen (=Bowdenzügen) oder Handrädern und Flursäulen und preiswerter als elektrisch betriebene Lösungen. Inzwischen weisen Autos in der Regel elektrische Aktuatoren auf, da dies inzwischen die wirtschaftlichste Lösung ist.

Empfehlenswerte Literatur - Druckluft

empfehlenswerte Literatur (antiquarisch)

Alte Druckluftstation

Abb. 1 Druckluftstation: Installiert und dann vergessen? Wie verändern sich Wirkungsgrad und Leckluftmenge über Jahrzehnte „unbekümmerten“ Betriebs?

In der Getränkeindustrie hingegen werden Produktventile noch wie selbstverständlich mit pneumatischen Antrieben ausgestattet, die über elektrisch betriebene Hilfsventile geschaltet werden; auch die Hubzylinder des Flaschenfüllers, Ein- und Auspacker oder Funktionen des Etikettierers benötigen selbstverständlich Druckluft?

In der Regel wird ein Druckluftnetz mit den „üblichen“ Verbrauchern bereits im Betrieb bestehen. Die Entscheidung für eine zentrale Druckluftversorgung, mit den Vorteilen:

  • Investitionskosten

  • Platzbedarf

  • Überwachung und Wartung

  • Filterung und Drucklufttrocknung

  • Raumbelüftung

  • Schalldämmung

  • höherer Wirkungsgrad durch größere Kompressoren

  • geringere zu installierende Reserven

oder für eine dezentrale Druckluftversorgung mit den Vorteilen:

  • Enddruck kann passend zum Betriebsbereich gewählt werden

  • Leitungsnetz kann insgesamt kürzer sein

  • Absicherung des Ausfalls eines Teils durch Netzverknüpfung

wurden genauso wie Fragen zur Kompressorengröße und -anzahl oder zum Leitungsnetz bereits vor Jahren getroffen.

Die Druckluftkosten werden von den Energiekosten maßgeblich bestimmt. Neben der erforderlichen Luftmenge, dem Druckluft-Enddruck und der Schalthysterese der Kompressoren sollte insbesondere die Leckluftmenge näher betrachtet werden. In der Literatur werden Leckluftmengen von 5 bis 25% als „normal“ bezeichnet. Der erste Schritt zur Verbesserung der Druckluftversorgung ist deshalb immer:

  • lokalisieren

  • analysieren

  • eliminieren

von Druckluftleckagen. Der Kompressionsenddruck geht direkt-proportional in die Energiekosten ein, aber den Kompressionsenddruck zu reduzieren sollte gut durchdacht werden. Der vorhandene Druckluft-Puffer verringert sich dadurch, der Wiedereinschaltpunkt der Kompressoren kann evtl. auch reduziert werden oder die Schalthysterese wird verkleinert. Die Einschalthäufigkeit und Betriebszeiten der Kompressoren werden in der Regel dadurch verändert, um nur einige Punkte zu nennen, die bedacht werden sollten. Das Volumen der Drucklufttanks kann evtl. vergrößert werden oder Drucklufttanks können bei Bedarf aus dem Druckluftnetz abgekoppelt werden.

Reima

Abb. 2 Historische Waschmaschine überholen oder ersetzen?

Fokus prüfen

Obwohl die Drucklufterzeugung relativ teuer ist, macht es Sinn, sich nicht nur auf die Drucklufterzeugung zu konzentrieren? Ist es sinnvoll die gegenwärtigen und die potenziellen Druckluftverbraucher auf den Prüfstand zu stellen?

Vor 50 Jahren wurde als Vorspanndruck im Flaschenfüller oder in Puffertanks noch Druckluft eingesetzt, da Druckluft deutlich geringere Kosten verursacht als CO2 und die meisten Produkte dafür robust genug sind/waren. Welchen Einfluss hätte es finanziell und auf das globale Klima, würde man heute CO2 teilweise durch Druckluft oder Stickstoff (aus Lufttrennungsanlagen, die vor Ort betrieben werden) ersetzen?

Pneumatische Ventilantriebe sind in der Getränkeindustrie üblich und deutlich günstiger in der Anschaffung als elektromotorisch betätigte. Produktschieber in Siloanlagen oder Klappen in lüftungstechnischen Anlagen werden häufig elektromotorisch betätigt, da sie insgesamt wirtschaftlicher sind. Die von pneumatischen Antrieben gewohnten kurzen Stellzeiten werden regelmäßig auch in das Lastenheft für elektromotorische Antriebe geschrieben; aber muss ein Tankauslaufventil wirklich mit „preußischem Zack“ öffnen oder wäre auch eine Ventillaufzeit von z.B. 60 Sekunden akzeptabel? Die elektromotorischen Antriebe, die z.B. in der Lüftungstechnik für Klappen verwendet werden, sind preislich vergleichbar mit pneumatischen Drehantrieben für Scheibenventile.

Fazit

Wie schon häufig hier gesagt, dürfen nach dem »Spezification Freeze« keine „Verbesserungen“ mehr in ein Projekt einfließen und nur noch Fehler korrigiert werden. Wenn ein so großer Fehler erkannt wird, dass man das Projekt nicht begonnen hätte, wenn dieser vorher bekannt gewesen wäre, muss man den Mut aufbringen, ein Projekt in jedem Stadium zu beenden. Wenn unverhältnismäßig viele Fehler korrigiert werden müssen, war die Planung ungenügend und man sollte erwägen die Umsetzung zu unterbrechen. Die Regel klingt einfach, aber die Befolgung scheint schwierig zu sein, wie zahlreiche Beispiele von Boeing 737 MAX bis zum Hauptstadtflughafen zeigen.

Da Ressourcen in den Betrieben begrenzt sind, macht es Sinn sich zunächst mit Bereichen zu befassen die überschaubar sind und merkliche Kosten verursachen. Die Flaschenreinigung, die CIP oder die Druckluftversorgung können hier ein lohnender Bereich sein. Auch wenn die Bereiche zunächst getrennt voneinander betrachtet werden, so sollten Ergebnisse nicht isoliert werden. Eine Wärmerückgewinnung aus der Drucklufterzeugung kann z.B. für die CIP genutzt werden.

Druckluftanlagen sind in der Regel vorhanden, sodass grundlegende Fragen nicht zur Entscheidung anstehen, aber natürlich nicht grundsätzlich ausgeklammert werden sollten. Leckagefreie Druckluftanlagen kommen in der Realität nicht vor, aber man sollte die Leckluftmenge kennen, wissen wo welche Mengen verloren gehen und was es kosten würde, die Leckluftmenge wo um wie viel zu reduzieren. Die Größe der Druckluftspeicher, der Druck bei denen die Kompressoren aus und der Druck bei denen sie wieder eingeschaltet werden sollte geprüft und bewertet werden. Nach der Analyse der Druckluftverbraucher kann es z.B. sinnvoll sein bestimmte Bereiche dezentral mit Druckluft zu versorgen.

Natürlich gibt es weder „gute“ noch „schlechte“ Energien, da Politiker jedoch massiv in den Markt eingreifen, verändern sich Energiekosten massiv. Das Ziel „erneuerbare Energien“ und hier insbesondere den Einsatz von „alternativ“ erzeugtem elektrischen Strom zu forcieren, kann man nicht übersehen. Bei Neuanschaffungen muss man deshalb prüfen, was es (finanziell) bedeutet, wenn man den Betätigungsdruck der pneumatischen Ventile kleiner wählt oder auf elektromotorische Antriebe setzt, die im Ruhezustand keine Energie „verbrauchen“. Ob Stickstoff vor Ort aus (Druck-)Luft gewonnen wird, um CO2 in bestimmten Anwendungen zu ersetzen oder ob Druckluft direkt z.B. als Vorspanngas verwendet werden kann, sollte kein Tabuthema sein, sondern ergebnisoffen bewertet werden.

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