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Raimund Kalinowski

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Wasserfiltration

Wenn es einfach wäre, dann könnte es ja jeder oder „Sind Leichen im Wasser hygienisch akzeptabel?“

Frisches, reines, kühles, wohlschmeckendes Wasser, aus einem Tiefbrunnen, d.h. durch geologische Formationen vom Oberflächenwasser getrennt, keimfrei direkt am Quellort abgefüllt, so wünscht sich der Konsument sein Mineralwasser.

Trotz der Möglichkeit, zuhause Leitungswasser mit Kohlendioxyd zu versetzen, wird von der Mehrzahl der Konsumenten abgepacktes Wasser aus Qualitätsgründen bevorzugt. Der Konsument ist der Überzeugung, hier eines der letzten wirklich reinen, naturbelassenen Lebensmittel kaufen zu können. Der Gesetzgeber folgt dieser Konsumentenerwartung durch entsprechende Verordnungen. Die rechtlichen Aspekte und auch deren Sinnhaftigkeit sollen hier jedoch unberücksichtigt bleiben.

Um die Konsumentenerwartungen zu erfüllen, dürfen sich im abgefüllten Wasser natürlich keinerlei visuell wahrnehmbare Fremdstoffe befinden. Mikroorganismen sind im Wasser zwar erst bei sehr hohen Konzentrationen visuell erkennbar, sie können jedoch durch ihre Stoffwechselprodukte die Eigenschaften des Wassers negativ verändern.

Wenn bei einer Enteisenungsstufe zur Oxidation Ozon eingesetzt wird, ist es technisch unvermeidbar, dass das Wasser hierbei auch entkeimt wird. In Ländern, in denen Ozon bewusst zur Entkeimung eingesetzt wird, werden teilweise Stimmen, nicht nur von Esoterikern, laut, die den Verbleib der „Leichen“ der Mikroorganismen im Wasser aus hygienischen Gründen ablehnen.

Eine Filtration, die kleinste Partikel entfernt, wird auch Mikroorganismen mit entfernen sofern diese vorhanden sind. Bei Tafelwässern, d.h. bei Wässern bei denen durch die Zugabe von Salzen der Mineraliengehalt bewusst angehoben wird, ist eine Steril-Filtration obligatorisch. Da Salze Mikroorganismen konservieren, sind Salzlösungen normalerweise stark verkeimt. Die Filtration ist neben dem Erhitzen die einzige wirtschaftlich vertretbare Art der Entkeimung, die lebensmittelrechtlich und hygienisch vollkommen unproblematisch ist.

Wenn nun entschieden wurde eine Wasserfiltrationsanlage anzuschaffen, wird vom Betreiber meist nur die Funktion und die Leistung spezifiziert und die Auswahl der Komponenten und die Ausführung werden weitgehend dem Lieferanten der Wasserfiltrationsanlage überlassen.

Wenn nun die Anlage beim vermeintlich günstigsten Anbieter bestellt wird, besteht eine relativ große Chance, dass man qualitativ nicht das bekommt, was man erwartet. Preisunterschiede von 10% oder mehr, deuten fast immer daraufhin, dass hier nicht vergleichbare Komponenten angeboten werden. Beim teuersten Anbieter zu bestellen bietet hingegen leider auch keine Garantie das gewünschte zu erhalten, da auch hier häufig unbefriedigende Detaillösungen realisiert werden.

Nachfolgend sollen beispielhaft an einer tatsächlich installierten Anlage einige Planungs- und Ausführungsfehler beschrieben werden. Durch konkrete Hinweise und Empfehlungen sollen dem Praktiker Möglichkeiten aufgezeigt werden:
· vorhandene Installationen zu verbessern und
· mögliche Fehler bei der Auswahl von Neuanlagen zu reduzieren.

Heute üblich sind Kesselfilter mit Filterkerzen, durch Adapter können in die Gehäuse auch Filterkerzen anderer Hersteller eingesetzt werden. Falls diese Möglichkeit nicht besteht, z.B. wegen der ungewöhnlichen Filterkerzengeometrie, sollten Preisobergrenzen für die gesamte Lebenserwartung des Filtergehäuses bzw. der Filtrationsanlage vom Lieferanten für die Ersatzkerzen vereinbart werden. Schichtenfilter werden insbesondere aus Investitionskostengründen, bei üblichen Anlagenleistungen, für die Wasserfiltration nicht mehr eingesetzt.

Gewöhnlich besteht eine Filtrationsanlage aus einem Vor- und einem Sterilfilter. Der Sterilfilter wird regelmäßig als Membranfilter geliefert.

Der Vorfilter kann als Tiefenfilter oder aber z.B. als Edelstahlkerze ausgeführt werden. Edelstahlkerzen haben deutlich weniger Filterfläche und dementsprechend kürzere Standzeiten. Sie können jedoch manuell gereinigt werden und haben dadurch eine nahezu unbegrenzte Lebenserwartung. Sie werden teilweise als rückspülbar angepriesen, sind dies jedoch eigentlich nicht.

Beim Rückspülen ergeben sich 2 Probleme:
· die Rückspülmenge und
· die Qualität des Rückspülwassers.

Üblicherweise wird zurückgespült, wenn die Druckdifferenz angestiegen ist. Wenn nun zurück gespült wird, ist der Druck nicht absolut gleichmäßig verteilt. Am Eintritt der Filterkerze ist er etwas höher, nimmt dann kontinuierlich ab, um dann (je nach Fließgeschwindigkeit) am Ende der Filterkerze wieder deutlich anzusteigen. Das Entfernen der Verunreinigungen geht weitgehend proportional zum Druckverlauf. Wenn nun einige Teile frei gespült sind, fällt der (Differenz-) Druck deutlich ab, die Fließgeschwindigkeit müsste nun so stark erhöht werden, bis der Druck etwa wieder dem Ausgangsdruck entspricht um die weiteren Verunreinigungen zu entfernen. Als Faustformel kann als notwendiger Volumenstrom hierfür angenommen werden:

Filterfläche / Rohrleitungsquerschnittsfäche * 1,5 * Nennvolumenstrom = Rückspülvolumenstrom

Der daraus resultierende notwendige Rückspülvolumenstrom ist so hoch, dass er selbst in der Theorie nicht erzeugt werden kann. In der Praxis versucht man teilweise den Volumenstrom zu erhöhen, in dem man Gas dem Rückspülwasser beigibt. Es ist schwierig hier kontrollierte und reproduzierbare Verhältnisse zu schaffen. Durchgeführte Rückspülungen bei Oberflächenfiltern sind im allgemeinen ungenügend. Bei Tiefenfiltern steigt der Druckverlust mit der Strömungsgeschwindigkeit deutlich stärker an, deshalb wäre hier eine Rückspülung mit wesentlich kleineren Rückspülwassermengen möglich. Leider sind Tiefenfilter bauartbedingt nur eingeschränkt rückspülbar. Wenn rückgespült wird, stellt sich fast immer die Frage nach der Wasserqualität. Mit unfiltriertem Wasser zurück zu spülen, würde den Filter von der falschen Seite her mit einer Schmutzfracht beaufschlagen, die er dann beim Betrieb zumindest teilweise wieder abgeben würde. Einen extra Filter für das Rückspülwasser zu installieren verbietet sich aus Kostengründen, zum einen müsste er größer sein als der zurückzuspülende Filter und zum anderen würde er sehr selten benutzt.

In der Beispielanlage wurde deshalb, in Absprache mit dem Kunden, auf eine Rückspülmöglichkeit ganz verzichtet.

Der Rohwassereintritt und der Sterilwasseraustritt befinden sich direkt nebeneinander. Bei den meisten Installationen ist dies günstiger, als eine Installation von Ein- und Austritt an den gegenüberliegenden Seiten.

Am Fließschema der ausgeführten Anlage fällt der exzessive Umgang mit Verschraubungen auf. Der Einsatz von Verschraubungen und Ventilen in Zwischenflanschausführung scheint vollkommen wahllos erfolgt zu sein. Es ist unerklärlich, warum z.B. in einem Gullyabgang (Abb.4) ein Ventil in Zwischenflanschausführung gewählt wurde. Die hier noch zusätzlich installierte Verschraubung deutet daraufhin, dass nicht geplant sondern einfach die gerade vorhandenen Bauteile ohne Konzept zusammengefügt wurden.

Abb.4

Die Gleitringdichtung der Pumpe (Abb.1) ist nur zu wechseln, wenn zahlreiche Rohrleitungen und Ventile demontiert werden. Hätte man die Pumpe um 180° gedreht montiert, wäre ein Gleitringdichtungswechsel ohne Demontage einer Rohrleitung möglich gewesen. Jetzt müsste auf jeden Fall eine weitere lösbare Verbindung im Zulauf nachgerüstet werden.

Abb. 1

Milchrohrverschraubungen nach DIN 11851 sind für lösbare Verbindungen innerhalb einer Anlage nur sehr bedingt geeignet, da der Kegelstutzen in die Verschraubung ragt, müsste die Rohrleitung zur Demontage in axialer Richtung verschiebbar montiert werden. Diese grundlegende Anforderung wurde bei dieser Anlage nicht umgesetzt. Die Milchrohrverschraubung nach DIN 11851 und auch in der aseptischen Ausführung nach DIN 11864-1 sind für Verbindungen gedacht, die regelmäßig gelöst werden, wie z.B. bei Umschaltpaneelen. Rohrverbindungen zur Vereinfachung der Wartung in festverrohrten Einheiten sollten bevorzugt als hygienische oder aseptische Flanschverbindung mit metallischem Anschlag ausgeführt werden.

Der Temperaturaufnehmer im Sterilwasserbereich (Abb.4) wurde in hygienisch zu beanstandender Bauweise mit Industriemuffe eingebaut.

Der Dampfanschluss weist trotz Festverrohrung keine Leckageabsicherung auf. Im Leckagefalle könnte Wasser in die Dampfleitung gedrückt werden oder Dampf könnte in das Mineralwasser gelangen.

Probenahmeventile fehlen vollständig.

Die Pumpe ist mit höhenverstellbaren Füßen, wie man es für die Aufstellung auf dem Fußboden üblicherweise vorsieht, versehen. Statt die Füße heraus zu schrauben und den Motorfuß auf dem Gestell zu verschrauben, wurde eine ziemlich skurril anmutende Montage (Abb.2) gewählt, Rohrabschnitte wurden auf das Gestell geheftet und die Pumpenfüße wurden hier hinein gestellt. Die Heftstellen der Rohrabschnitte wurden nicht passiviert, die verbleibenden Spalte sind so klein, dass sich hier sammelndes Wasser nicht sicher abfließen kann.

Abb. 2

Es fällt auf, dass im Sterilbereich ein Handscheibenventil und ein pneumatisch betätigtes Scheibenventil direkt hintereinander, vermutlich in der Funktion als Gullyventile ausgeführt wurden.

Die Anlage wurde als halbautomatische Anlage verkauft. Auf die Programmierfehler wird nicht eingegangen. Es wird die Betriebsweise, wie sie hätte sein sollen, in ihren wesentlichen Zügen beschrieben:
· Während des Betriebes wird der Differenzdruck der Kerzen kontinuierlich überwacht. Wenn der Wert über einen in der Parameterliste eingestellten Wert (z.B. 0,3 bar) ansteigt, wird z.B. beim Start der nächsten Reinigung des Füllers ein Hinweis angezeigt, so dass sehr frühzeitig der Wechsel der sich erschöpfenden Filterkerzen in einer produktionsfreien Zeit geplant werden kann. Wenn der Differenzdruck bei 90% (in Parameterliste hinterlegt) des maximal zulässigen Differenzdruckes liegt, wird der Warnhinweis permanent angezeigt.
· Ab dem Zeitpunkt „Anfang der Sterilisationszeit“ wird eine kontinuierliche Drucküberwachung (auch während des Betriebes und während Stillstandszeiten) durchgeführt. Falls der Druck nicht mindestens 0,3 bar Überdruck gegenüber Atmosphäre beträgt, wird eine Warnmeldung angezeigt, die dem Anlagenführer mitteilt, dass die Anlage möglicherweise durch angesaugte Außenluft kontaminiert wurde. Der Anlagenführer kann diese Anzeige löschen. Die Entscheidung des Bedieners, den Warnhinweis nicht zu berücksichtigen, sollte auf jeden Fall (automatisch) protokolliert werden
· Wenn der Bediener die Funktion „sterilisieren“ an der Steuerung wählt, bekommt er
o zunächst die Bedieneranforderung, das Handscheibenventil am Eingang zu schließen. Wenn er dies bestätigt,
o startet der Sterilisationsprozess. Die Sterilisationszeit startet, wenn der Dampfdruck in der gesamten Anlage nach ausreichender Entlüftung lange genug konstant anliegt und die Temperatur im Ausgang der Anlage den Sollwert erreicht hat.
o Die Gullyventile (mit pneumatischem Antrieb und Syphon), sollten ebenso wie die in DN 25 ausgeführten Entlüftungen der Filtergehäuse (Abb.3), z.B. mit Blenden ausgerüstet sein, um den Volumenstrom zu reduzieren; denn wenn während des Sterilisierens diese Ventile schalten, bricht der Druck im System andernfalls schlagartig zusammen. Wenn die Gullyventile nicht geschaltet würden, könnte das anfallende Kondensat nicht abgeführt werden.

Abb. 3

o Nach Beendigung der Sterilisation gibt die Steuerung eine Bedieneranforderung heraus, dass an die Anlage ein nicht kondensierbares Gas (z.B. Druckluft entsprechender Qualität) anzuschließen ist. Erst wenn dies vom Bediener quittiert wurde, wird das Dampfventil (von der Steuerung) geschlossen.
o Die Anlage überwacht nun den Druck und die Temperatur. Wenn rechnerisch genügend nicht kondensierbares Gas in die Anlage eingefüllt wurde, um sicherzustellen, dass bei einer vollständigen Kondensation des verbliebenen Dampfes, der zulässige Mindestüberdruck der Anlage nicht unterschritten wird, gibt die Steuerung die
o Bedieneranforderung aus, das nicht kondensierbare Gas abzukoppeln und die Wasserzuführung zu öffnen. Nachdem dies quittiert wurde, wird die Anlage entlüftet und dabei mit Wasser gefüllt.

Warum die Entlüftungsventile und das Dampfventil als automatisch betätigte Ventile ausgeführt wurden, ist unverständlich. Da zeitnah manuelle Eingriffe an der Anlage notwendig sind, wäre eine manuelle Bedienung einfacher und kostengünstiger gewesen. Die Nennweite DN 25 ist als Entlüftungsventil bei der Größe der Filtergehäuse extrem groß. Ein unzulässig großer Druckabfall und ein zu schnelles Befüllen mit der Gefahr der Membranbeschädigung sind wahrscheinlich. Hier sollten entweder Blenden in den abführenden Entlüftungsleitungen nachgerüstet oder die Ventile gegen kleinere, manuell betätigte Ventile, bevorzugt mit Schauglas zwischen Filtergehäuse und Entlüftungsventil ausgetauscht werden. Da sich kein Sensor zur Unterscheidung von Gas und Wasser unterhalb der Entlüftungsventile befindet, werden diese von der Steuerung nur nach dem Sterilisieren geöffnet. Wodurch, bei der ausgeführten Installation, der Druck in der Anlage vollkommen zusammen bricht. Ursprünglich war vom Lieferanten geplant, in den Siphons Blenden einzubauen und die geraden Gullyabgänge nur zur Restentleerung im Falle der Wartung zu benutzen. Es wäre sicherlich sinnvoller und auch einfacher gewesen, auf diese Abgänge zu verzichten und dafür die Blenden schaltbar (Anm.: Scheibenventil mit Bohrung) auszuführen.

Kompakte Anlagen werden häufig vor einer Wand oder in einer Nische aufgestellt, leider wird dies von vielen Anlagenbauern ignoriert. Auch diese Anlage wurde praxisfremd mit 4 Bedienungsseiten ausgeführt.

Die Gullyleitungen enden bei dieser Anlage sinnvollerweise über dem Boden. Häufig werden sie zusammenverrohrt in zentrale Gullys geführt. Falls eine solche Installation gewünscht wird, sollten die einzelnen Ausläufe über fachmännisch montierte Trichter von den Gullys getrennt werden.

Aus Kostengründen wird auf eine Überprüfung der Membranen (Integrationstest) vor der Produktionsaufnahme verzichtet. Falls nur während einer Schicht mit einem defekten Steril-Filter produziert werden sollte, würden die Kosten hierfür größer sein als die vermeintliche Einsparung zum jetzigen Zeitpunkt.

Die hier beschriebene Anlage ist bereits vor einigen Jahren zusammen mit einer kompletten Abfüllanlage geliefert worden. Die Beschreibung in der Auftragsbestätigung umfasste 3 Zeilen inkl. Positionsüberschrift. Die meisten hier beschriebenen Fehler würden, selbst wenn die Anlage noch in der Gewährleistung wäre, bei der gegebenen Vertragslage keinen Mangel darstellen.

Eine ausführliche Beschreibung der vom Kunden erwarteten Funktion und Qualität kann Unstimmigkeiten zwischen den Vertragspartnern vermeiden oder reduzieren.

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© 2004 by Raimund Kalinowski