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Raimund Kalinowski

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Wirtschaftlich optimierte Probenahmesysteme

Die einfachsten Probenahmesysteme sind zum einen
- das Herausschöpfen aus drucklosen Gefäßen und zum anderen
- kleine Kükenhähne.

Heutigen Anforderungen genügen diese Systeme, von Ausnahmen abgesehen, kaum noch. Beim Herausschöpfen ist es z.B. kaum möglich eine repräsentative Probe zu entnehmen, sofern der Behälter nicht relativ klein und der Inhalt vorher homogenisiert wurde. Beim Herausschöpfen von heißen oder z.B. ätzenden Medien ist die Unfallverhütung zumindest problematisch.

Kükenhähne sind wartungsintensiv, sie müssen manuell gereinigt und regelmäßig eingefettet werden. Sie sind anfällig für Verschleiß (Riefenbildung), der nur durch ein relativ aufwendiges Einschleifen repariert werden kann.

Wenn man nun von Ausnahmen absieht, wo z.B. aus einem Gewässer eine Probe genommen werden soll, werden üblicherweise in der Getränkeindustrie flüssige Proben aus Behältern oder Rohrleitungen entnommen.

Besonders in der Wareneingangsprüfung werden natürlich auch Trockenstoffe, wie Zucker oder Zitronensäure beprobt. Die Probenahme im Rahmen der Wareneingangsprüfung unterscheidet sich ebenso wie Kontrollen der Lagerware jedoch deutlich von
- der Produktionskontrolle und
- der Qualitätsprüfung im Betrieb.

Viele Betriebe unterscheiden nicht nach Produktions- und Qualitätsproben. Aus Sicht des Verfassers ist eine strikte Trennung jedoch zu empfehlen. Produktionsproben werden genommen, um die Produktion zu steuern. Es gibt bei den Produktionsproben keine statistische Auswertung von Fehlern, da es keine Fehler gibt!

Dies soll an nachfolgendem Beispiel erläutert werden: Ein Arbeiter soll eine 2 m tiefe Grube ausheben, er wird regelmäßig „als Produktionskontrolle“ messen wie tief seine Grube ist, falls er zu tief gegraben hat, wird er ggf. bereits ausgehobenes Material zurück schütten. Im „Normalfall“ wird er jedoch so häufig bzw. frühzeitig messen, dass dieser Fall nicht eintritt.

Bei der Qualitätsprüfung hingegen wird die produzierte Qualität geprüft, am einleuchtendsten kann man dies am Beispiel der Lagerkontrolle darstellen. Flaschen die sich im Lager befinden werden ohne weitere Prüfung durch die Produktion ausgeliefert und verkauft. Die Qualitätsprüfung ist jedoch nicht nur eine Überprüfung ob die Mitarbeiter in der Produktion ihre Arbeit richtig gemacht haben, sondern sie überprüft das Gesamtsystem, d.h. wenn z.B. bei der Lagerkontrolle festgestellt wird, dass Abrieb der Verschlüsse auf dem Getränk schwimmt, kann dies daran liegen, dass die Mitarbeiter der Produktion den Hopper nicht richtig gereinigt haben, es kann aber auch ein erhöhter Abrieb der Verschlüsse die Ursache sein.

Nachfolgend wird der Bereich der Probenahme flüssiger und gasförmiger Medien dargestellt.

Je nach Zweck der Probenahme kommen verschiedenaufwendige Probenahme-systeme zum Einsatz.

Es gibt Bereiche die geringste Anforderungen an die Probenahme stellen, dies sind Medien, die weder direkt noch indirekt mit dem Produkt in Berührung kommen, wie z.B. Kesselspeisewasser. Hier findet man häufig Kükenhähne (Abb. 1). Wie bereits gesagt, haben sie diverse Nachteile, viel sinnvoller ist hier der Einsatz eines kleinen Industrie-Kugelhahns. Diese sind
· äußerst preiswert,
· zuverlässig und
· wartungsfrei
Im Falle eines Defektes werden sie nicht repariert sondern ausgewechselt.

Die Proben von gasförmigen Medien, meist
· CO2,
· Stickstoff oder
· Druckluft
sind ähnlich wie Produktproben zu betrachten. Die Strömungsgeschwindigkeit in Gasleitungen ist üblicherweise deutlich höher als in flüssigkeitsführenden Leitungen. Gase sind üblicherweise sehr trocken, Kondensate in gasführenden Leitungen kommen in modernen Betrieben nicht mehr vor. Somit ist ein mikrobiologisches Wachs-tum nicht möglich. Obwohl die obengenannten Gase meist nicht keimfrei sind, denn es gibt einige Mikroorganismen die Temperaturen von 80°C, wie sie in Kompresso-ren auftreten, oder tiefkalte Temperaturen, wie sie bei der CO2-Verflüssigung entstehen, überstehen, ist der Keimgehalt in einem Gasnetz nahezu konstant. Gasleitungen sind meist nicht reinigungsfähig ausgeführt. Einige Betriebe sterilisieren ihre Gasleitungen regelmäßig mit feuchter Hitze. Dies ist eigentlich nur für den Bereich ab einschließlich Sterilfilter sinnvoll.

Gasproben werden zur Ermittlung der
· Reinheit (inkl. geruchsintensiver Spurenverunreinigungen), zum Feststellen des
· Taupunktes und ggf. zur Ermittlung der
· mikrobiologischen Belastung entnommen.
Für nichtbiologische Proben, können Industriekugelhähne eingesetzt werden. Für biologische Proben bietet sich ein sterilisierbares, robustes Kolbenventil wie z.B. die Type 722 von Nocado (Abb. 2) an. Die Reinigungsfähigkeit des Probenahmeventils ist hier sekundär, zum einen weil praktisch keine Verschmutzungen auftreten und zum anderen, da durch die hohe Strömungsgeschwindigkeit ein Austausch an den Grenzflächen kaum stattfinden kann.

Im Bereich von Flüssigkeiten, die indirekt mit dem Produkt in Berührung kommen, dies sind insbesondere Reinigungsflüssigkeiten und Wasser aus der CIP-Anlage, sollten Kriterien ähnlich wie bei der Produktprobenahme angewandt werden. Reinigungslösungen werden jedoch selten mikrobiologisch untersucht, obwohl dies sehr sinnvoll wäre. Der Keimgehalt in Reinigungslösungen kann erheblich sein, weshalb CIP Anlagen regelmäßig „gecipt“ werden, und in mikrobiologisch kritischen Bereichen die verlorene Reinigung bevorzugt wird. Ein sterilisierbares, robustes Kolbenventil wie die Type 722 (Abb.2) ist auch hier die erste Wahl.

Bei der Entnahme von Getränk oder Bestandteilen von Getränk wie Wasser oder Sirup, sind weitere Kriterien zu berücksichtigen. Häufig werden hier Kükenhähne eingesetzt. Wenn sie gepflegt und manuell gereinigt werden, erfüllen sie scheinbar ihren Zweck. Da jedoch nach der Probenahme in der Bohrung des Kükens Produkt ver-bleibt und dieses der Umgebungstemperatur ausgesetzt ist, kann es innerhalb des Kükenhahnes zu mikrobiologischem Wachstum kommen.

Bei der mikrobiologischen Probenahme wird üblicherweise der Kükenhahn Hitze ste-rilisiert, falls jedoch nur eine chemisch-technische Produktionskontrolle entnommen wird, kommt es insbesondere beim langsamen Öffnen zu einer Vermischung. Dies kann zu einer mikrobiologischen Kontamination des Produktes führen. Glücklicher-weise sind die meisten Produkte so robust, dass eine solch kleine Kontamination nicht zu einem nennenswerten mikrobiologischem Wachstum und somit zum Verderb des Produktes führt.

Meist werden aus Kostengründen hier Probenahmeventile, wie das genannte Kolbenventil eingesetzt. Auf der Produktseite wird es mit der normalen CIP gereinigt, wenn es bei der CIP leicht geöffnet ist, wird auch der innere Bereich des Ventils mitgereinigt. Nach einer Probenahme fließt das Produkt weitgehend ab.

Es ist zu empfehlen, nach der Probenahme mit Hilfe einer mit Wasser gefüllten Spritzflasche, Produktreste abzuspülen, die andernfalls antrocknen und bei einer Spülung mit Äthanol vor einer weiteren Probenahme, sonst nur schwer zu entfernen sind. Einige Betriebe bevorzugen für die mikrobiologische Probenahme Ventile mit einer Membrane (Abb.3), die mit einer Spritze durchstochen wird. Das Reinigen und Sterilisieren scheint hier einfacher zu sein, wobei bei einem nicht sehr sorgfältigen Arbeiten, Keime mit der Außenseite der Spritzennadel über die Membran ins Produkt gelangen können. Die chemisch technische Probenahme geschieht bei diesem Pro-benahmeventil „konventionell“, durch Drehen an der großen Rändelschraube.

Für aseptische Prozesse sind die genannten Probenahmeventile jedoch weniger gut geeignet. Die Konstruktionen dieser Probenahmeventile stammen meist aus den sechziger und siebziger Jahren.

Bei aseptischen Prozessen ist es wichtig eine Kontamination der Anlage nach dem Sterilisieren sicher auszuschließen. Dies wird üblicherweise dadurch erreicht, dass nach dem Sterilisieren die gesamte Anlage mit einem sterilen Medium gefüllt unter Überdruck gehalten wird. Während des Sterilisierens sind alle Anlagenteile mit feuchter Hitze zu spülen, hierzu müssen auch die Probenahmeventile geöffnet werden. Beim Beenden des Sterilisiervorganges müssen alle Ventile inkl. der Probenahme-ventile unverzüglich geschlossen werden. Dies geschieht sinnvollerweise automatisch.

Das Aseptische Membran-Probenahmeventil (Abb. 4) wird in der Standardausfüh-rung in einer kombinierten Hand-/ Automatikversion gefertigt. Die Membrane schließt sehr nahe am Produktstrom ab. Durch einen metallischen Anschlag im Ventil wird verhindert, dass durch ein zu weites Schließen die Membran beschädigt wird. Die Gestaltung von Membran und Gehäuse gewährleisten eine optimale Reinigung und ein vollständiges Entleeren. Die Membran ist als Rollmembran ausgelegt, d.h. der Elastomer wird nicht auf Druck oder Zug belastet. Selbst nach 1 Million Öffnungen im Testfeld konnte kein mechanischer Verschleiß an der Membran festgestellt werden. Obwohl als Aseptisches Probenahmeventil bezeichnet, wird es in dieser Ausführung fast ausschließlich im nichtaseptischen Produktbereich eingesetzt.

Vor einem Öffnen des Probenahmeventils sollte das Ventil in aseptischen Prozessen immer erst sterilisiert werden, um beim Anfang des Öffnens eine Kontamination an der Grenzschicht auszuschließen. Das bedeutet, diese Sterilisation findet unabhängig davon statt, ob eine mikrobiologische oder eine chemisch-technische Probe entnommen werden soll.

Abbildung 5 zeigt eine entsprechende Anordnung. Das Aseptische Probenahmeventil hat zwei Ports. Der eine Port ist über ein weiteres Aseptisches Membranprobenah-meventil fest mit einer Dampfleitung verbunden. Zweckmäßigerweise wird das „Dampfventil“ manuell geöffnet. Das Aseptische Probenahmeventil ist am Auslauf mit einem Temperaturaufnehmer ausgerüstet. Die Steuerung überwacht die ausreichende Sterilisation und gibt das Probenahmeventil frei. Im einfachsten Falle, erfolgt die Freigabe nur durch eine optische Meldung, es ist jedoch auch möglich das Probenahmeventil mechanisch zu blockieren und nur bei ausreichender Sterilität freizugeben. Die eigentliche Probenahme kann durch manuelles Öffnen des Ventils durchgeführt werden. Das Öffnen des Ventils wird über eine automatische Endlagenüberwachung in der Steuerung registriert.

Aseptische Probenahmeventile werden prinzipiell eingeschweißt.

Andere Probenahmeventile werden meist mit Außengewinde oder mit Kegelstutzen und Nutmutter nach DIN 11.851 geliefert. Die Verbindung mit Kegelstutzen und Nutmutter nach DIN 11.851 ist aus hygienischer Sicht akzeptabel, wobei die Dichtung regelmäßig zu wechseln ist. Durch die Verschraubung ist die Abdichtung vom Produktstrom weit entfernt. Eine solche Installation ist definitiv nur CIP-fähig, wenn das Probenahmeventil während der Reinigung geöffnet wird. Das Produkt in dieser Stichleitung ist ähnlich negativ zu sehen, wie Produkt, das in einem Küken- oder Industriekugelhahn (Anm.: Industriekugelhähne haben prinzipiell keinen Spülanschluss wohingegen hygienische Kugelventile prinzipiell mit Spülanschluss ausgerüstet werden, Hygienische Kugelventile finden jedoch als Probenahmeventile keine Verwendung) eingesperrt wird.

Die Mehrzahl der Probenahmehähne und -ventile wird jedoch mit Außengewinde bestellt. Ein Hersteller liefert sogar eine flache Dichtscheibe mit. Dies ist aus hygienischer Sicht ebenso inakzeptabel, wie eine Abdichtung mit Hanf oder Teflonband. In all diesen Fällen füllt sich das Gewinde mehr oder weniger mit Produkt. Da es hier keinerlei Produktaustausch gibt und keine Reinigung statt findet, sind dies beste Voraussetzungen für mikrobiologisches Wachstum. Wenn Probenahmeventile mit Außengewinde eingesetzt werden, dann sollten sie ausschließlich mit kurzen Einschweiß-Sondermuffen montiert werden. Diese Muffen bieten eine frontbündige O-Ringabdichtung und eine Leckagebohrung die anzeigt, dass der O-Ring versagt hat. Ohne diese Leckagebohrung kann es vorkommen, dass in das Gewinde eingedrungenes Produkt durch Antrocknen das Leck verschließt.

Wenn man überlegt, wie viele Probenahmeventile in einem Betrieb insgesamt im Produktbereich eingesetzt sind und wenn man den absoluten Wert dieser Probenahmeventile ins Verhältnis zum Risiko, das von unzureichenden Probenahmeventilen ausgeht, setzt, sollte man nur die allerbesten Probenahmeventile einsetzen.

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© 2004 by Raimund Kalinowski